SIMPLICIUS SIMPLICISSIMUS
- Drei Szenen aus seiner Jugend
- Kammeroper von Karl Amadeus Hartmann
- Text nach H. J. Chr. Grimmelshausen von Hermann Scherchen, Wolfgang Petzet und Karl Amadeus Hartmann
Anno Domini 1618 lebten zwölf Millionen Menschen in Deutschland. / Anno Domini 1648 lebten nur noch vier Millionen Menschen in Deutschland.
Zwischen diesen nüchternen Daten geschieht Ungeheuerliches. Dreißig Jahre, in denen halb Europa verwüstet wird, die Menschen verrohen. Ein Kind wird Zeuge der Zerstörung des eigenen Elternhauses. Jeglicher Familienbande beraubt, verbringt es einige Zeit in der christlich missionierenden Gesellschaft eines Einsiedlers, von dem es den Namen „Simplicius Simplicissimus“ – der Allereinfältigste – erhält. Die scheinbare Naivität, die aus diesem Namen spricht, erlaubt es Simplicius schließlich, den kriegführenden Mächtigen den Spiegel vorzuhalten, denn Kinder und Narren sprechen meist die Wahrheit.
Als Schelmenroman getarnt, entwarf Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen 1668 seinen „abenteuerlichen Simplicissimus“, eine drastisch-satirische Schilderung der Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges auf die Menschheit. 1934 griff Karl Amadeus Hartmann drei Episoden aus diesem Roman heraus, um anhand beispielhaft prägender Ereignisse aus der Kindheit des Simplicius eine eindringliche musikalische Parabel auf die zerstörerische Kraft des Krieges ebenso wie auf den allgemeinen Missbrauch von Macht und Gewalt zu schaffen. Eine Oper, die in ihrem Entstehungsjahr die bevorstehende Katastrophe konkret vorausahnte und bis heute den Blick auf die Folgen jeder Form der Gewaltausübung lenkt.
Bitte beachten Sie, dass nach Beginn der Vorstellung kein verspäteter Einlass mehr möglich ist.
Trailer
Musikalische Leitung
Florian Csizmadia
Inszenierung
Wolfgang Berthold
Bühne & Kostüme
Stefan A. Schulz
Chöre
Csaba Grünfelder
Dramaturgie
Katja Pfeifer
Regieassistenz & Abendspielleitung
Paula Brune
Inspizienz
Lisa Henningsohn
Mit:
Simplicius Simplicissimus Pihla Terttunen
Einsiedel Bassem Alkhouri
Gouverneur Semjon Bulinsky
Landsknecht Thomas Rettensteiner
Hauptmann Maciej Kozłowski
Bauer Jovan Koščica
Sprecherin Franziska Ringe
und: Opernchor des Theaters Vorpommern, Kinderchor, Philharmonisches Orchester Vorpommern
„Dieser Ton ist antifaschistisch und humanitär, auch humanistisch und weltoffen“ - Hans Werner Henze
[…] Womit man bei den Gesangssolisten wäre, die sich mit starken Einzelleistungen um einen bemerkenswerten Abend verdient machten. Geradezu bravourös in ihrer riesigen, anspruchsvollen Rolle etwa Pihla Terttunen als Simplicius Simplicissimus, glaubhaft zwischen naiv, mutig erregt oder ängstlich klagend, demonstrativ selbstbewusst oder dramatisch hochexpressiv, eine gewaltige Palette verschiedenster Ausdrucksformen, für die sich zu verausgaben allerdings jede Anstrengung lohnte. Glanzpunkte aber auch bei weniger umfangreichen Rollenformaten: bei Bassem Alkhouris Einsiedel, für den die Eindringlichkeit und Glaubwürdigkeit jedes Tones – in weitem Melos wie auf quasi Rezitationston fast gsprochen – ebenso galt wie für Thomas Rettensteiners martialisch zu gestaltenden Landsknecht, den – bescheidener – Bauern Jovan Košcicas und das brillant und fast gefährlich, weil doppelbödig komödiantisch agierende Duo Hauptmann (Maciej Kozlowski) und Gouverneur (Semjon Bulinsky); beider Couplet – ein musikalisches Prachtstück so böser wie entlarvender Persiflage!
- Ekkehard Ochs für IOCO-Kultur im Netz